Random Act Of Kindness – zufälliger Akt der Freundlichkeit
Was würde geschehen, wenn jeder von uns jeden Tag etwa eine Minute seinerihrer Zeit dafür verwenden würde, irgendeinem (unbekanntem) Menschen eine Freundlichkeit zu erweisen? Mit „Random Acts of Kindness“ (zufälligen Freundlichkeitstaten) kann mensch genau dies erproben! Auf dem Friedhof.
Gerne werden Kerzen entzündet, für die Liebsten. Was würde passieren wenn jeder nicht nur bei den eigenen Liebsten, sondern auch auf einem anderen Grab eine Kerze entzünden? Grablichter stehen für Hoffnung, Neuanfang und Mut.
Vielleicht lässt sich derdie ein oder andere Beschenkte ja durch diese überraschende und ungewöhnliche Tat inspirieren und macht wiederum jemand anderem eine Freude. Und vielleicht tritt dieder ein oder andere mutig inspiriert mit seinerihrer eigenen Endlichkeit in Dialog.
GEGENÜBER
Wir glauben an die Kraft der Wunder. Wir glauben an die Kraft der Menschenherzen. Wir alle sind hier auf reisen, mit größerem oder kleinerem Gepäck. Lasst es uns gemeinsam tragen und bestmöglich für alle einsetzen.
Alles was existiert, ist für uns Menschen deshalb wahrnehmbar und beschreibbar, weil es einen Gegenpol davon gibt. Das Gegenüber. Ein polares System. Die Pole enthalten aus sich heraus keinerlei Wertung. Die Helligkeit des Mittags ist nicht besser oder schlechter als die Dunkelheit der Nacht. Die Höhe einer Bergspitze ist nicht besser oder schlechter als die Tiefe einer Schlucht. Die Entstehung und Ausdehnung des Lebens ist nicht besser oder schlechter als Sterben und Tod. Durch das Pendeln zwischen den Polen reguliert sich das Leben. (vgl. Kompass des Lebens, Ursula Seghezzi)
In unserem herrschaftlich-dualen Weltbild sind diese Pole Wertungen unterworfen. Alles was aufsteigt wird positiv bewertet, während alles was absinkt, sich zusammenzieht als negativ gilt. Generell gilt also alles als besser, was oben ist, zunimmt und wächst, was das äußere materielle Leben betrifft, was »männlich« und gradlinig ist und mit dem Verstand zu erfassen ist. Als schlecht, böse, angstmachend oder zumindest als suspekt gilt was unten ist, mit Sterben und Tod zu tun hat, was die geistige Welt und die Intuition betrifft, was »weiblich-verschlingend« ist und der Welt unserer Träume entspringt.
Eine Trennung, wie sie kulturell interpretiert wird, gibt es in der Natur nicht. Vielmehr leben und bewegen sich diese beiden Pole dynamisch. Bedingen sich einander. Jede Fixierung wäre auf lange Sicht gesundheitsschädigend.
Wir möchten mit unserem Projekt wieder auf die Dynamik, die stete Bewegung zwischen den Polen aufmerksam machen.
Wenn wir den Tod anschauen, stellt sich die Frage: Wer steht uns da überhaupt gegenüber? Wollen wir da überhaupt genau hinsehen? Wir kennen das Gegenüber nicht. Das Gegenüber befindet sich auf der dunklen Seite. Zusammenziehend lädt es ein zur Innenschau.
Ich kann das Gegenüber anschreien, anlächeln, wütend sein, in mich kehren oder gar mich umdrehen und fortgehen. Ein Gegenüber erzeugt Resonanz. Und doch ist es diese Resonanz, die das Leben bedingt. Stehen wir am Grab blicken wir den Tod an, nehmen ihn wahr, gehen in Zwiesprache und erinnern uns an den*die Verstorbene.
Im Gegenüber sehen wir die unmittelbare Person erweitert. Wir sehen im Gegenüber auch uns selbst. Sehen dunkle und helle Felder. Wer leuchtet nicht von selbst, wer braucht vielleicht einen freundlichen Akt, eine Aufforderung, eine nette Geste, um wieder zu leuchten. Um mit dem Pendel vom dunklen Pol in den hellen zu schwingen? Um wieder Teil der Gesellschaft und dem großen Ganzen sein zu können? Wandlungskrisen machen unsere eigene Lebensentfaltung überhaupt erst möglich.
Viele Menschen besuchen Friedhöfe nur zu Feiertagen, Gedenktagen. Oftmals aus Angst sich der Dunkelheit, der Innenschau, dem Verlust hinzugeben oder zu stellen.
In einem „Random Act Of Kindness“ soll es jedermensch möglich sein, andere Grabflächen zu erhellen, eigene, aber auch Fremde. Licht in die Dunkelheit tragen. Zaghaftes Leuchten. Strahlen. Ausdehnend zu einem Leuchtfeuer, das Menschen anzieht. Erleuchtet.
Feuer und Licht stehen für Geborgenheit, für Hoffnung, die Schatten und dunkle Flecken in der menschlichen Erfahrungswelt erhellen können. Wir laden ein, nicht nur für sich selbst/seine*ihre eigenen Angehörigen ein lichtvolles Zeichen zu setzen, sondern auch für andere. Gibt es ein Grab, das eher wenig Besuch, Licht oder Blumen erhält? Gibt es einen Nachbarn, auf dem Friedhof (oder real), dem Sie vielleicht mal ein Licht schenken möchten? Oder nicht? Dann fragen Sie sich doch warum nicht und springen über Ihren Schatten und spenden Licht. Sie werden sehen ein einzelnes Licht verändert. Setzt Zeichen. Und vielleicht sogar ein strahlendes Muster. Ein Kunstwerk.
Bringen wir Licht ins Dunkle. Lassen wir die Friedhöfe leuchten. Spenden wir Trost für andere und für uns selbst. Leuchten wir. Entzünden wir ein Leuchtfeuer und lassen wir den Funken überspringen.
Der Tod mag vermeintlich nicht als aktives Gegenüber verstanden werden und doch begleitet er uns alle. Manchmal präsent, manchmal leise, manchmal unsichtbar, manchmal laut, manchmal sichtbar, manchmal schmerzhaft, manchmal als Chance.
Fragen, die mensch sich viel zu selten stellt, dürfen hier gehört und gesehen werden. Beachtung finden und in die Reflexion gehen. In der Stille. In der Gemeinschaft oder in einem Akt der Nächstenliebe.
Standort: Pfarrfriedhof, Michaelsbergstraße 25, 4060 Leonding
Mitwirkende: Mag.a Verena Brunnbauer & Mag.a Nicole Honeck